Was verbirgt sich hinter dem Begriff Gamification und wie helfen uns Spielmechanismen, bessere Kundenerlebnisse zu gestalten? Dieser Frage gingen die Stimmtler Patrick Keller und Lorenz Ritzmann im CEN-Xchange vom 2. August auf den Grund.
Mit der Starbucks-Kundenkarte Punkte sammeln, Levels aufsteigen und Belohnungen erhalten. Bei 4food virtuell einen Burger kreieren und ihn kurz darauf im Restaurant geniessen. Mit einer Kombination aus Nike Running Schuh und iPod eigene Erfolge messen und der riesigen Lauf-Community mitteilen. Zahlreiche Beispiele bezeugen, dass Spielmenchanismen immer häufiger die reale Welt erobern. Das neue Erfolgsrezept oder alles nur ein Hype? (Mehr dazu in dieser Präsentation)
Die Idee, Verhalten durch Spielmechanismen positiv zu beeinflussen ist nicht neu. Was Gamification seit kurzem Aufwind verleiht, sind einige technologische und soziale Veränderungen: Computerspiele sind heute weitgehend bekannt und akzeptiert, bezahlbare Technologien erlauben das Tracking von Verhalten, was per Definition einen wichtigen Teil eines Spiels ausmacht, und soziale Netzwerke erlauben das Teilen von Erfolgen mit Freunden.
Das Ziel von Gamification ist es, durch Partizipation die Beziehung zwischen Organisation, Kunden und Mitarbeitern nachhaltiger zu machen. Kennen wir die «Game Dynamics», also die Motive der Spieler, überhaupt an einem Spiel teilzunehmen, können wir mit den «Game Mechanics» das gewünschte Verhalten verstärken und Kunden so zum Kommen, Bleiben, Mitmachen, Teilen oder Weiterempfehlen anregen.
Ausgerüstet mit einer Liste dieser «Game Mechanics» haben sich die Teilnehmer gleich selbst daran gemacht, Herausforderungen zu lösen. So entstanden in nur 20 Minuten einige spannende Ideen. Das Konzept «Better Networking» wurde von den Teilnehmern zum Sieger-Konzept gewählt und die Gruppenmitglieder erhielten – ganz in Spielmanier – ein Zertifikat für ihre Leistung.
Better Networking
Herausforderung: Wie können Kundenbeziehungen besser gemanagt werden?
Konzept: In einer SIM-City-ähnlichen Simulation werden Kundenbeziehungen mit diversen Metaphern auf spielerische Weise gemanagt: Verschiedene Kundengruppen werden durch entsprechende Gebäude dargestellt. Die Grösse des Gebäudes repräsentiert z.B. das Kundenpotential. Privatkunden werden durch Einfamilienhäuser, Firmenkunden durch Bürogebäude oder Fabriken dargestellt. Der Zustand des Gebäudes hängt davon ab, wie intensiv sich um den Kunden gekümmert wurde – ist dort lange nichts passiert, werden Gebäude sogar baufällig. Ist eine Beziehung kritisch, brennt es und das «Feuer» muss gelöscht werden. Die Idee kann noch beliebig weitergesponnen werden. So könnten Reports als Tageszeitung erscheinen oder gewisse Häuser oder Gebiete von der Konkurrenz besetzt sein. Kundenberater müssen besondere Challenges meistern, wie z.B. gewisse Regionen auf Vordermann bringen, oder den Vorpsrung zur Konkurrenz ausbauen. So erhalten sie Auszeichnungen und können sogar zum «Bürgermeister des Monats» gewählt werden was Auswirkungen auf ihren Status und Bonus hat.
Sparziel erreichen
Herausforderung: Was braucht es, damit Menschen ihre Sparziele erreichen?
Konzept: Der Sparer tritt einer Spar-Community bei und erhält Achievements und Boni, z.B. in Form von höheren Zinsen oder einem Geld-Betrag, für gemeisterte Spar-Herausforderungen. Wird eine Spar-Etappe erreicht, steigt der Sparer um einen Level an und hat Zugang zu schwierigeren Herausfoderungen und grösseren Boni. Der stetige Vergleich mit anderen aus der Community motiviert zusätzlich zum Sparen.
Ideen-Management
Herausforderung: Wie können Mitarbeiter dazu angeregt werden, viele und gute Ideen einzubringen?
Konzept: Mitarbeiter, die Ideen einbringen, werden belohnt – einerseits, mit einem für alle sichtbaren Status und andererseits mit Incentives wie Ferientagen. Wird durch das Einbringen von Ideen ein höheres Levels erreicht, können nicht nur Ideen eingebracht, sondern auch bewertet werden.
Smart Meters, Smart Grids
Herausforderung: Wie können Menschen dazu angeregt werden, Strom zu sparen?
Konzept: Das Verhalten des Einzelnen wird mit der Community verglichen, um ein Bewusstsein für Stromverbrauch zu entwickeln. Verschiedene Challenges regen dazu an, das eigene Verhalten zu ändern. Als Belohnung gibt es virtuelle Trophäen, die in der Community zu grösserem Ansehen führen, sowie die Befriedigung, dass der gesparte Strom Strom-Projekten in realen Welt zugute kommt.
Und das Fazit der Teilnehmer? Kritische Stimmen fragen sich, ob Gamification als Teil eins Produktes bestehen kann, oder nur als Marketing-Gag wahrgenommen wird. Potential für Gamification sehen die Teilnehmer vor allem beim Lösen von besonders langweiligen Aufgaben, beim Gestalten von internen Prozessen, oder für Inspiration bei Brainstormings.
CX Fundstücke
This is Service Design Thinking: Mit einer interdisziplinären Sicht aufs Thema Service Design, einer umfassenden Methodensammlung und vielen Praxisbeispielen und Fallstudien ist dieses Buch eine Inspirationsquelle für alle Serviceanbieter, die kundenorientiert arbeiten wollen.
Reality is Broken: Wer wissen möchte, wie Spiele die Welt verändern und uns zu besseren Menschen machen, findet im Buch von Jane MCGonigal Antworten.
DIN-Norm: Schlechtem Kundenservice soll nun mit einer neuen DIN-Norm auf die Pelle gerückt werden: Seit diesem Monat gibt es die DIN SPEC 77224 zur „Erzielung von Kundenbegeisterung durch Service Excellence“.
Der nächste CEN-Xchange findet am 6. September zum Thema «Speed Creation» statt. Interessenten wenden sich bitte an Helmut Kazmaier.