Customer and Employee Experience ein alter Hut: Schon seit den frühen 90ern

Putting the Service-Profit-Chain to Work von James L. Heskett, Thomas O. Jones, Gary W. Loveman, W. Earl Sasse, Jr und Leonard A. Schlesinger ist ein Artikel in der Sammlung «Harvard Business Review on Increasing Customer Loyalty» (Google Books Link, Link zum Artikel Online bei Harvard Business Review)

Kosten sparen und Marktanteile gewinnen war vorgestern. Schon seit den 90er Jahren haben erfolgreiche Service Organisationen zwei Hauptprioritäten: Kundenloyalität und Mitarbeiterloyalität. Die Kunst ist, diese Prioritäten umzusetzen.

Die «Fühl-dich-gut» Firma

In seinem Paper proklamieren Heskett et al. schon 1994 einen Zusammenhang zwischen Wachstum und Profitabilität zum einen und „interner Servicequalität“ zum anderen. Konkret: Wenn Mitarbeiter die Möglichkeit haben, für sich selber und in Kundeninteraktionen Wert zu schaffen, führt dies zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und damit zu längerer Verweildauer im Unternehmen sowie höherer Produktivität. Dies wirkt sich auf den externen Wert des Service aus. Guter Service führt wiederum zu höherer Kundenzufriedenheit, dadurch zu loyaleren Kunden. Und die bringen dann Wachstum und Profitabilität (siehe Grafik). Er nennt dies die „Service-Profit-Chain“.

In dieser Logik identifiziert Heskett dann zwei Hebel für Firmenerfolg: Die Angebote und Interaktionen mit Kunden auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten und die Voraussetzungen zu schaffen für loyale Mitarbeitende. Oder anders gesagt: Ein gutes Customer Experience und ein gutes Employee Experience zu ermöglichen.

Dieser Fokus äussert sich in anderen Management-Prioritäten und ein anderes Kulturverständnis. Er unterstreicht seinen Punkt mit Beispiele von verschiedenen Vorzeigeunternehmen der Neunziger: Der CEO von Soutwestern Airlines, der auch mal in der Kabine zu sehen ist, Taco-Bell, die Incentivierungssysteme einsetzen, die eine lange Verweildauer im Unternehmen fördern, Progressive Insurance, die ein eigenes Katastrophen-Teams zu schweren Unfällen schickt, um Kunden in diesen Momenten zu unterstützen.

Back to the Future

Heute mehr denn je ist die Philosophie aktuell, sich auf den Kundenmehrwert zu fokussieren. Oft geschieht dies in unserer Erfahrung durch die Optimierung einzelner Touchpoints. Dies ist notwendig, aber oft nicht genug, um ein Unternehmen wirklich nachhaltig auf Kundenorientierung zu trimmen. Denn erst, wenn eine überliegende Strategie diese Touchpoints im Sinne der Kunden orchestriert und auch die Mitarbeiter miteinbezieht, entsteht wahrer Mehrwert aus Kundensicht.

Ein Beispiel ist die ERGO Versicherungsgruppe in Deutschland. Das Versprechen „versichern heisst verstehen“ fordert ein Umdenken in der ganzen Unternehmung. Und geschieht genau auf den zwei Ebenen Employee Experience und Customer Experience. Ein konkretes Beispiel: ERGO gestaltete ein Unfallschutz-Zusatzprodukt aus Kundensicht. Es beinhaltet Leistungen, die im Falle eines Unfalls zusätzlich zum ausbezahlten Geld gebraucht werden: Kinder-Abholdienst, Kochservice, Reintegrationsleistungen und so weiter. Aber was nützt das beste Produkt, wenn der Vertrieb nicht daran glaubt? Dazu hat die ERGO ihren Vertrieb geschult. Mit Erlebnis-Schulungen, bei denen Vertriebsmitarbeitende sich im Rollstuhl in die Situation eines Verunfallten versetzen können. Der Effekt: Motivierte Mitarbeiter und unglaubliche Sales-Zahlen. Mittlerweile bekommt das Produkt-Team bereits Anfragen für Rollstühle, weil das Hilfsmittel nun auch in den Beratungsgesprächen mit Kunden eingesetzt wird (den ausführlichen Case, präsentiert am CX-Forum 7 hier.)

Auch ERGO ist noch am Anfang der Umsetzung der Service-Profit-Chain in ihrer Gänze umzusetzen. Und das gelingt erst wenigen Firmen. Auch zwanzig Jahre nach Heskett.

Wir können Sie darin unterstützen, sowohl Strategien wie Lösungen in ihrem Unternehmen zu verankern. Oder wissen Sie bereits wie’s geht? Wir freuen euch auf Ihre Kommentare.