Wie die CSS Versicherungen die Kundenorientierung an erster Stelle stellt
Ein Interview mit Marco Ippolito, Leiter Markt- und Kundenmanagement von CSS Versicherungen und Glenn Oberholzer, Partner und Experte für Kundenfokus von Stimmt
Glenn Oberholzer: Die CSS Versicherung ist in allen Messungen seit 2013 fast als einzige Firma im CX-Score immer besser geworden. Herzliche Gratulation dazu. Was hat die CSS Versicherung vor über acht Jahren veranlasst, sich Kundenorientierung auf die Fahne zu schreiben?
Marco Ippolito: Wir haben 2012 eine neue Vision erarbeitet, die aufzeigte, wo die CSS Versicherung in den nächsten Jahren stehen soll. Dies hiess vor allem den Kunden ins Zentrum zu rücken. Wir haben festgelegt, was Kundenzentrierung für uns bedeutet und wie wir die Customer Centricity konkret umsetzen wollen. Damit verbunden waren viele Sensibilisierungsmassnahmen, auch im Top-Management, sowie die Quantifizierung der Kundenzufriedenheit im Vergleich zur Konkurrenz. Unser Ziel dabei war es deutlich zu machen, dass es sich lohnt den Fokus ganz auf den Kunden zu legen.
Glenn Oberholzer: Sie haben lange durchgehalten. Vor acht Jahren war Swisscom der grosse Star in der Customer-Experience-Szene. Um Swisscom ist es in Sachen CX mittlerweile ruhig geworden, die CX-Werte sind nun auch tiefer als bei der CSS Versicherung. Wie konnten Sie über eine derart lange Zeit das Thema relevant halten – trotz ähnlicher Herausforderungen wie CEO- und Strategiewechsel?
Marco Ippolito: Es war wichtig, aus den vielen Möglichkeiten und Ansätzen, welche das Thema Customer Experience umfasst, die richtigen Elemente herauszupicken und einfach zu beginnen. Dies ist uns rückblickend gut gelungen: Wir haben die richtigen Elemente gewählt, welche jeweils zur Situation, der Kultur und den vorhandenen Möglichkeiten passten. So haben wir beispielsweise schnell unsere technische Fitness genutzt, um automatisierte Messungen aufzusetzen und schnell mehr Fakten in diese Diskussion einbringen zu können. Oder wir haben zu Beginn Journeys redesignt, welche zuvor nicht gemanagt waren und schnell einen beweisbarer Impact auf die Kundenzufriedenheit zu erwarten war. Ausserdem haben wir in über 100 Workshops früh Teams mit Kundenkontakt auf das Thema Kunden sensibilisiert. Auch haben wir die Konzernleitung direkt mit einbezogen und alle einzeln ins Call Center geschickt, um sich Kundenanfragen und -beschwerden aus erster Hand anzuhören. Dies waren alles einfache Massnahmen, die aber sehr rasch Wirkung gezeigt haben. So überzeugten wir unsere Mitarbeitende und Stakeholder und konnten den Grundstein für einen nachhaltigen Orientierungswandel legen. Durch eine fortlaufende Sensibilisierung für eine kundenzentrierte Haltung und einer engen Verzahnung von CX mit der Unternehmensstrategie, sowie der frühzeitige Einbindung der Kundenperspektive bei der Produkt- und Dienstleistungsentwicklung, konnten wir die Maturität der CSS bezüglich Kundenorientierung klar steigern.
Glenn Oberholzer: Die Anpassung an neue Situationen und Konstellationen verlangt immer auch Argumente. Was hat das Management und die Organisation jeweils überzeugt?
Marco Ippolito: Zu Beginn haben wir hauptsächlich qualitative Überzeugungsarbeit geleistet. Wir mussten die Organisation von der Wichtigkeit überzeugen die Kundensicht einzunehmen, daran appellieren, dass sich unser gesamtes Handeln um den Kunden drehen muss. Wir haben dabei beispielsweise immer wieder die positiven Auswirkungen unserer Neuorientierung auf die Anliegen-, Abrechnungs- und Zahlungsprozesse aufgezeigt, da dies die Schnittstellen sind, die unseren Kunden am schnellsten ins Auge springen. Diese Punkte haben dann auch den Finanzbereich überzeugt. So haben wie es geschafft, dass die gesamte Konzernleitung von Anfang an voll hinter der Vision und den Zielen stand und jeder Bereich auch aktiv dafür sorgt – Prozesse und Touchpoints im Sinne des Kunden zu verbessern. Der Erfolg dieser Massnahmen können wir belegen und wieder zurück ins ganze Unternehmen tragen.
Glenn Oberholzer: Wie konnten Sie konkret die CFOs überzeugen?
Marco Ippolito: Früher als wir Modelle auf der Basis von Marktforschungen erstellen konnten, war dies deutlich schwieriger. Heute können wir auf sehr viel mehr Daten zur subjektiven Wahrnehmung unserer Kunden zurückgreifen. Diese Datenquellen lassen sich entlang der Customer Journey sinnvoll verknüpfen und zeigen den unmittelbaren Einfluss auf Loyalität und Verkaufserfolg auf. Wir haben mittlerweile Modelle, mit denen wir auf Basis echter Daten den Effekt von Massnahmen auf den Geschäftserfolg messen. Wobei mittlerweile die Wichtigkeit von positiven Kundenerlebnissen im Management auch ohne den stetigen finanziellen Proof sehr gut verstanden wird.
Glenn Oberholzer: Ich merke, die CSS Versicherung denkt CEM strategisch. Das ist etwas, was wir immer wieder sehen: Erfolgreiche CEM-Teams setzen nicht nur Methoden ein, sondern denken in betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen und ermöglichen Geschäftsentscheide. Was sind nun Ihre Pläne für die Zukunft? Wie werden Sie von der Nummer drei zur Nummer eins?
Marco Ippolito: Anfangs haben wir uns stark an der Konkurrenz orientiert. Für uns ist zukünftig weniger der Vergleich im Ranking wichtig, sondern vielmehr wollen wir uns auch weiterhin fortlaufend für unsere Kunden verbessern und dafür die richtigen Voraussetzungen schaffen. Mittlerweile wissen wir, wie wir uns verbessern wollen und auch können. Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Kunden und ihre Bedürfnisse noch besser zu verstehen und die Bedürfnisse zu erfüllen oder sogar zu übertreffen – nicht nur als Krankenversicherer, sondern in Zukunft vor allem auch als Gesundheitspartner im digitalen Umfeld.
Glenn Oberholzer: Welche Tipps haben Sie für Firmen, die sich neu mit dem Customer Experience Management auseinandersetzen?
Marco Ippolito: Wichtig ist es die Organisation nicht zu überfahren, sondern gemeinsam zu definieren, welchen Mehrwert die Kundenorientierung bringen soll. In einem zweiten Schritt geht es dann um die Definition von ersten Massnahmen. Diese sollten zu einem schnellen Erfolg führen um die Notwendigkeit des Orientierungswechsels sichtbar zu machen und die Mitarbeitenden dafür zu motivieren. Konkret würde ich an Episoden innerhalb der Customer Journeys ansetzen, die wenig komplex sind und deren Touchpoints trotzdem Potenzial für eine messbare Verbesserung des Kundenerlebnisses haben. Nach den ersten Schritten muss allerdings auch mehr kommen. Daher ist es wichtig, eine Roadmap zu haben wie man stetig neue CX-Elemente einfügen will, damit sich das Thema dauerhaft etablieren kann. Die fortlaufende Ausrichtung der CX Tools und Modelle an das Unternehmensumfeld und die Entwicklungen im Markt ist dabei zentral.
Marco Ippolito ist seit 18 Jahren bei der CSS Versicherung tätig. Heute leitet er das Markt- und Kundenmanagement und ist dabei unter anderem für Customer Experience Management (CEM) verantwortlich. Er hat dessen Aufbau von Beginn an begleitet. |