Vertrauen basiert auf dem «Geben» und «Nehmen» Prinzip
Versetzen Sie sich einmal in die Rolle eines Einkäufers: Aufgrund der Inflation ist er mit vielen Preiserhöhungen seitens der Lieferanten konfrontiert. Er will selbstverständlich wissen, wie die Steigerungen begründet sind, und vielleicht auch, ob die Mitarbeitenden der Firmen tatsächlich eine inflationsausgleichende Gehaltserhöhung erhalten haben. Was alle fürchten, sowohl Firmen wie Privatkunden, ist eine aus ihrer Sicht «unberechtigte» Ausweitung der Gewinnmarge eines Unternehmens. In der Schweiz denken 57% der Menschen, dass ein Grund für die Inflation die zu hohen Gewinne von Unternehmen sind (WEF Studie, 2022). Wenn «Geben» und «Nehmen» nicht mehr im Gleichgewicht sind, wird das Vertrauen verletzt. Die Kunden fühlen sich ausgenutzt und suchen eine Alternative.
Zunächst also braucht es eine transparente und ehrliche Kommunikation über die Gründe für die Preissteigerung, um der Befürchtung einer «unberechtigten» Erhöhung entgegenzutreten. Die Inflation allein ist kein Grund die Preise anzuheben. Die Kundinnen und Kunden müssen konkret nachvollziehen können, wie sich die Inflation auf Ihre Firma auswirkt und warum eine Preiserhöhung berechtigt ist. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit. Zeigen Sie in der Kommunikation, welche konkreten Massnahmen Sie getroffen haben, um die Preiserhöhung möglichst niedrig zu halten und wie Sie einen Teil der Kostensteigerung selbst absorbieren.
Erfolgsversprechender Ansatz pro Kundentyp
Je nach Person reagieren wir unterschiedlich auf Preissteigerungen. Deswegen sollten Sie zusätzlich zur transparenten und ehrlichen Kommunikation einen unterschiedlichen Ansatz je nach Kundentyp wählen. Spielen wir es mit drei Kundentypen durch, deren Einstellungen und Präferenzen wir anhand von über 3’500 Kundeninterviews analysiert haben.
Kundinnen und Kunden mit dem Motiv «Bezogenheit» wollen sich typischerweise nicht in Details vertiefen, sondern erwarten, dass sie von ihrem Anbieter fair behandelt werden. Sie sind meistens weniger preissensitiv, wollen das Thema nicht vertiefen und sind wechselscheu.
Wichtig ist, dass die Beziehung keinen Vertrauensbruch erleidet. Bedanken Sie sich für das bisher erwiesene Vertrauen und beweisen Sie der Person, dass Ihnen ihre Beziehung zu Ihrer Firma wichtig ist, z.B. indem die Preiserhöhung über den Ansprechpartner persönlich anstatt über eine standardisierte Kommunikation vermittelt wird. Alternativ bieten Sie eine Kontaktmöglichkeit mit einer Vertrauensperson des Kunden. Wichtig dabei ist, ein Ohr für die Bedenken der Kundinnen und Kunden zu haben und – um im Bild zu bleiben – ihnen auf Augenhöhe zu begegnen.
Bei Kundinnen und Kunden mit dem Motiv «Kompetenz» steht ein gutes Preis-Leistungsverhältnis im Fokus. Ist dieses wahrgenommene Preis-Leistungsverhältnis aufgrund der Preiserhöhung aus dem Gleichgewicht geraten, werden die Kundinnen und Kunden aktiv.
Diese Kunden informieren sich über verschiedene Quellen und sind offen für Tipps und Tricks. Eine Massnahme könnte sein, in der Kommunikation auf weitere, neutrale Infos zur Begründung der Preiserhöhung zu verweisen, z.B. Artikel vom Bund oder Branchenverband. Verlinken könnte man auch Hinweise, wie man die Auswirkung der allgemeinen Teuerung als Individuum bekämpfen kann.
Des Weiteren hängt die Wahrnehmung des Preis-Leistungsverhältnisses davon ab, wie gut Ihr Angebot im Vergleich zum Markt positioniert ist. Da helfen zwei Ansätze: Heben Sie zusätzlich zur transparenten und ehrlichen Kommunikation die Differenzierungsmerkmale Ihres Angebots im Vergleich zur Konkurrenz hervor (Servicequalität, Kompetenz oder Kundenzufriedenheit). Und bieten Sie Alternativen an! Geben Sie Ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit auf ein günstigeres Produkt/eine günstigere Dienstleistung zu wechseln, welche das Kundenbedürfnis erfüllt und die Geldbörse nicht überfordert. Aktuelles Beispiel ist die Plakatkampagne der Migros zu den Budget Produkten.
Oder machen Sie den Kunden auf eine teurere Variante aufmerksam, die jetzt aufgrund der Preiserhöhung des Standard-Angebots attraktiver wird und mehr Leistungen anbietet. Hier lohnt sich aus Sicht des Unternehmens eine geschickte Auswahl der Alternativen (Stichwort: Decoy Effect).
Bei Kundinnen und Kunden mit dem Motiv «Autonomie» sind Preiserhöhungen eine grössere Herausforderung. Sie sind preissensitiver als andere Kundentypen. Sie nehmen eine Preiserhöhung als Anstoss, um ihre aktuelle Produkt- und Anbieterwahl zu hinterfragen. Autonomie-getriebene kennen sich mit der Thematik aus und suchen sich detaillierte und möglichst unabhängige Informationen.
Hier hilft das optimale Timing: Erhöhen Sie die Preise, nachdem alle anderen es bereits getan haben.
Im August 2023 informierte Spotify, dass die Preise in der Schweiz steigen würden, zwar ohne klare Begründung, aber nachdem alle Hauptkonkurrenten bereits teurer geworden waren. Damit läuft Spotify weniger Gefahr, dass Kundinnen und Kunden zu einem anderen Musik-Streamingdienst abwandern. Die Kunden haben die Preissteigerung kommen sehen, sind nicht überrascht, und das Angebot bleibt im Vergleich zum Markt attraktiv.
Wenn Sie das Timing nicht bestimmen können, werden Sie realistischerweise viele Kundinnen und Kunden nicht vom Abwandern abhalten können. Sie können nur die Preiserhöhung faktenbasiert begründen, und den Abschied so angenehm wie möglich gestalten, so dass sie Ihre Firma in positiver Erinnerung behalten und Sie bei einer nächsten Evaluation wieder in Betracht ziehen.
Mit diesem differenzierenden Ansatz pro Kundentyp können Sie viel bewirken. Konkret haben wir bei einem Projekt mit einem Krankenversicherer die erwartete Churn-Rate nach einer Übernahme um 50% unterboten, d.h. es haben nur 50 statt wie erwartet 100 Kundinnen und Kunden ihren Vertrag gekündigt. Auch haben wir bei einer Bank die Öffnungsrate bestimmter Dokumente dank dem differenzierenden Ansatz um 100% erhöht.
Möchten Sie mit uns näher erörtern, wie Sie Ihre lukrativen Kundinnen und Kunden trotz Preiserhöhung behalten können? Oder haben Sie Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie uns.