6 Trends für Customer Experience im 2020

Customer Experience reicht in der Zukunft nicht mehr

Customer Experience Trends 2020

In ein paar Tagen kommt die letzte Episode von Star Wars in die Kinos. Star Wars ist einer der grossen Kinoerfolge von Disney. Und Disney ist der vielzitierte Meister der Customer Experience. Das Unternehmen entführt über seine Geschichten Gross und Klein in zauberhafte Welten und schafft unvergessliche Kundenerlebnisse. Die ganze (westliche) Welt kennt Micky Maus, Luke Skywalker und Disneyland. Allerdings: In Sachen Customer Lifetime Value und Share of Wallet ist Disney wohl bei uns allen nicht in den Top 10 Firmen. Und wenn wir über die Firmen sprechen, mit denen wir eine enge Beziehung haben, wohl auch nicht.

2019 haben wir bei Stimmt viele Projekte im Versicherungs- und Bankenumfeld gemacht, aber auch vermehrt in der Industrie, der Energie- und der Pharma-Branche. Und im 21. Jahr Stimmt wird immer klarer: Customer Experience ist zwar wichtig, reicht aber nicht. Bei der Fokussierung auf Touchpoint-Experience, Customer Journeys oder Marketing Personas geht oft der Grund vergessen, warum Customer Centricity in so vielen Geschäftsberichten als strategische Notwendigkeit aufgeführt ist: Es geht darum, langfristige und profitable Kundenbeziehungen aufzubauen! Dies führt zu einer besseren Marktstellung, im Normalfall zu tieferen Kosten und höherem Profit.

Ich habe dieses Jahr viele Gespräche mit Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten über die Bedeutung von Customer Experience Management geführt: Das Interesse ist gross, diesen impliziten Zusammenhang mit Geschäftszielen zu verbinden. Die Chefs wollten ausserdem wissen, wie man von der einzelnen Customer Journey zu einem priorisierten Orchestrieren einer langjährigen Kundenbeziehung gelangt.

In einer Welt, die nicht auf ewigem Wachstum basieren kann, ist es wichtig, Beziehungen zu Kunden zu pflegen. Eine positive Customer Experience zu ermöglichen, ist nur der Anfang. Das grosse Bild dahinter zu verstehen, in einen strategischen Kontext zu stellen und darauf zu zusteuern, bringt aber erst Erfolg. 

Basierend auf meinen Erfahrungen in diesem Jahr und Bezug nehmend auf Vorhersagen in den letzten Jahren habe ich 6 Trends für Customer Experience 2020 ausgemacht.

  1. Wird wichtiger: Customer Lifetime Value ist der neue Net Promoter Score (War: Der Business Case für Kundenfokus muss klar ausgewiesen werden. )

Wir begleiten immer mehr Firmen dabei, Kundenzentrierung über NPS Messungen hinaus zu operationalisieren. Dabei spielt nicht nur eine Rolle, wie die Kunden die relevantesten Customer Journeys und Touchpoints wahrnehmen. Die Strukturen und Rahmenbedingungen im Unternehmen, und wie diese von Mitarbeitenden genutzt werden, sind ebenso wichtig. Unser mit der Universität Basel zusammen entwickeltes Kundenfokusmodell führt diese Elemente zusammen. Da die Nachfrage nach CX-Audits steigt, sage ich voraus: Firmen, die sich zu sehr auf die Messung einzelner Customer Journeys und Touchpoints konzentrieren oder denken, mit einer guten CRM-Software gepaart mit Big Data und Marketing Automation seien zufriedene Kunden garantiert, werden den Zug verpassen. Messgrössen wie der Customer Lifetime Value und das Messen priorisierter Treiber über den gesamten Erlebniskreislauf hinweg sind zielführender als NPS und Kundenzufriedenheitsmessungen – auch weil sie viel einfacher die direkte Ableitung operativer Zielgrössen ermöglichen. 

  1. Wird wichtiger: «B2B ist das neue B2C» und «Kundenbeziehung ist Customer Experience»

Nicht nur in Branchen, bei denen Kundenzentrierung bereits etabliert ist (Krankenversicherungen, Sach- und Lebensversicherungen, Banken, Telekommunikation), wird das B2B Segment wichtiger. Auch bei klassischen B2B Playern aus Pharma, Industrie und Energie differenzieren sich immer mehr Firmen darüber, systematisch gute Kundenbeziehungen zu pflegen. Diese Geschäftsbeziehungen sind allerdings meist von beiden Seiten mit höheren Set-up- und Wechselkosten verbunden und beinhalten ausserdem oft mehr Interaktionen als im B2C.  Zwei neue Dimensionen sind hier zu beachten: Das Verständnis der Rollen innerhalb von Firmen und die Notwendigkeit, viel mehr auf Vertrauen und Commitment aufzubauen, um die Kundenbeziehung langfristig zu stärken. Der Fokus schwenkt also von Touchpoints zu einer längerfristigen Betrachtung im Kundenerlebniskreislauf und von eigenständigen Kunden zu Gruppen von Stakeholdern.

  1. Weiterhin: Kundenfokus als strategischer Schwerpunkt lohnt sich nachhaltig – Ergänzung: gerade für mittelgrosse Unternehmen

Erfolgsgeschichten häufen sich. Neben die internationalen Vorzeigekinder Amazon, Uber, Tesla und Apple stellen sich auch Schweizer Protagonisten. Nespresso, Sunrise oder On beweisen, dass ein konsequenter Fokus auf Kundenbedürfnisse und angenehme Interaktionen Erfolg bringt. Wir merken auch: Die Methoden und Tools der Kundenzentrierung lassen sich bei mittelgrossen Unternehmen oft einfacher und mit schnellerem Effekt anwenden als bei Grosskonzernen. 

  1. Geändert: Gute Freunde statt Fans (war: Sich in die Herzen der richtigen Kunden zu brennen, ist das A und O)

Die Grundthematik bleibt dieselbe: Genau zu verstehen, welche Kunden zu einer Firma und ihrem Angebot passen, ist die Grundlage für eine solide Segmentierung und damit auch für die Entwicklung von Value Propositions und Customer Journeys. Allerdings: Begeisterung wird selten erreicht. In den letzten 12 Monaten habe ich oft eine gewisse Frustration bei meinen Ansprechpartnern gespürt: Wieso lieben mich meine Krankenversicherungskunden nicht? Manchmal hilft ein Schritt zurück: Lieben wir selbst denn viele Firmen? Reicht nicht auch eine solide Freundschaft, manchmal sogar eine verlässliche Zweckgemeinschaft, um zum loyalen Kunden zu werden? 

  1. Weiterhin: Siloübergreifende Denk- und Arbeitsweisen sind auf dem Vormarsch

Die Zeiten, in denen man mit einem Design Thinking Workshop in ungläubiges Staunen versetzen konnte, sind vorbei. Viele der Methoden und auch die Einsicht, dass gemeinsames Problemlösen besser ist als ein Vernehmlassungsprozess, haben sich durchgesetzt. Die wahre Herausforderung liegt nicht darin, mit Menschen einmal ein Problem elegant zu lösen, sondern die Organisation langfristig auf eine neue Art der Zusammenarbeit einzustellen. Damit meine ich nicht «open offices» und bunte Sitzungszimmer, und damit meine ich auch nicht «Holocracy» und «Unboss», sondern ganz einfach die Bereitschaft, über den eigenen Tellerrand zu schauen und miteinander zu arbeiten. Denn nur so entstehen für Kunden gute Angebote. (Dass das natürlich auch mit Zielsystemen zu tun hat, versteht sich von selbst.)

  1. Schwingt immer mit: Partnerschaften statt eigene Lösungen – die Akzeptanz von Lösungs-Ökosystemen wächst nur langsam

Der Ökosystem-Hype ist Ernüchterung gewichen. Nichtsdestotrotz: Partnerschaften können durchaus Sinn machen. Mit der Servicehub AG spannen die BLKB, die Baloise und der Online-Broker Anivo zusammen und bieten einen Mehrwert für Kunden, Green Class von SBB spannt mit Autoherstellern zusammen für ein neues Mobilitätsoffering mit Kundenmehrwert, Sanitas offeriert mit Medbase zusammen ein Versicherungsprodukt. Erfolgsbedingung ist jeweils: Es muss immer zuerst um den gesteigerten Kundenmehrwert gehen und nicht um die Profitmaximierung der Akteure. 

Ich bin dankbar, dass wir bereits 2019 mit unseren Klienten zusammen als Vordenker diese Themen bearbeiten konnten.  Nun freuen wir uns auf spannende Projekte im neuen Jahr! Seien es die Gestaltung von Customer Journeys oder Value Propositions, kundenzentrierte Strategieentwicklungen oder die Verankerung von Kundenzentrierung im Unternehmen: Wir sind dabei.

Möge 2020 das Jahr sein, in dem die Macht der Kundenbeziehung überall erwacht und wir als Kundenzentrierungs-Jedi-Ritter mit Rat oder Tat für das Gute kämpfen können.

Ihr Ansprechpartner für Fragen und weitere Informationen:

Glenn Oberholzer
glenn.oberholzer@stimmt.ch
+41 76 585 75 39